Der Bergfriedhof – Ein ungewöhnlicher Park

Wer Action erleben will, der sollte bei schönem Wetter die Neckarwiesen besuchen – dort sammelt sich dann alles, was sonnenbaden, Frisbee spielen, picknicken oder Kinder auf Spielplatz abladen will. Mit etwas Glück bekommst du dann auf der genau einen Kilometer langen Rasenfläche direkt entlang des Neckar-Nordufers noch einen Stehplatz. Ein Kopfschutz gegen anfliegende Bälle anderer Leute schadet auch nicht unbedingt.

Ja, die Neckarwiesen sind aber alles andere als ruhig und ganz sicher auch kein Geheimtipp. Und – sind wir mal ehrlich – die alten Weiden auf den Neckarwiesen sind zwar hübsch, aber ein Beispiel für raffinierte Gartenbaukunst und Wonnetat fürs Auge bilden die Neckarwiesen trotzdem nicht 😀

Nein zur Neckarwiese, ja zum Friedhof!

… sagt jeder, der mehr Ruhe sucht

Wenn du nicht unbedingt deine Decke zum Picknick ausbreiten oder mit dem Hund über den Rasen jagen willst, dann können wir dir einen anderen Park empfehlen, in dem es viel mehr zu sehen gibt. Das mag erstmal komisch klingen – aber besuche doch mal den Bergfriedhof in der Weststadt!

Hohe Bäume
Eine Art Allee auf dem Bergfriedhof

Keine Sorge, so morbide, wie das klingt, ist das gar nicht. Der Bergfriedhof ist zwar ein waschechter Friedhof, aber aber er scheint weniger ein Ort der Trauer und Hilflosigkeit zu sein, wie man es von anderen Friedhöfen kennt. Auf dem Bergfriedhof liegt eher ein Schleier der Nachdenklichkeit: Hier treffen wir auf die Vergänglichkeit des Menschen, aber auch auf Natur und Idylle – es ist daher ein Ort zum Philosophieren für den Spaziergänger auf schattigen Wegen und für viele Verstorbene wahrhaftig eine letzte Ruhestätte.

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Parkartiges Labyrinth mit verschlungenen Pfaden

Sehenswert ist der Bergfriedhof daher einerseits wegen seines parkähnlichen Charakters. Mit einem normalen Friedhof mit seinen schachbrettartig angelegten Gräbern hat er deswegen nicht viel zu tun. Andererseits reizt er aufgrund der vielen völlig unterschiedlichen Grabanlagen, die teilweise auch schon an die 150 Jahre alt sind.



Der Friedhof wurde 1844 angelegt und bis 1952 stetig vergrößert. Heute erstreckt sich das Gelände über 15 ha und reicht sogar noch ein wenig die Berghänge des Ameisenbuckels (kleiner Berg südlich des Gaisbergs) hinauf, so dass es auf dem Friedhof auch immer wieder mal Treppchen und ansteigende Wege gibt.

Hohe Bäume stehen auf dem Friedhof und Büsche scheinen wild dazwischen zu wachsen. So erinnert das ganze Gelände mit seinen insgesamt über 20 km langen verschlungenen Wegen an ein Labyrinth, in dem man sich verlaufen kann. Ein Labyrinth mit Gräbern freilich!

Es gibt mehrere Rundwege über den Friedhof, die stellenweise auch ausgeschildert sind. Hin und wieder findet sich auch eine Sitzbank.

Sehenswerte alte Grabstellen

Der Heidelberger Bergfriedhof lädt nicht nur dazu ein, in Ruhe zwischen den hohen Bäumen über die Pfade zu spazieren, sondern er bietet auch viel fürs Auge. Die Gabstellen sind nicht auf bestimmte Größen oder eine einheitliche Erscheinung genormt, sondern da stehen manchmal auch richtige Familien-Grabmonumente mit Baldachin, Büsten und großen Steinstelen dazwischen.

Andere Gräber sind aufgrund ihres Alters schon fast vollständig von Büschen überwuchert und auf manchen Grabsteinen klebt ein gelber Hinweiszettel, dass der Stein umfallen kann und in nächster Zeit von der Friedhofsverwaltung stabilisiert werden sollte.

Das alles ist deswegen so besonders, weil Friedhöfe in Deutschland in der Regel keine Ruhestätten für die Ewigkeit bieten. Nach 15-20 Jahren erlischt das Nutzungsrecht an der Grabstelle und sie wird eingeebnet, um Platz für neue Bestattungen zu schaffen. Auf dem Bergfriedhof finden sich aber Inschriften mit Sterbedaten aus dem Ende des 19. Jahrhunderts.

Um diese schönen Grabstellen zu erhalten – immerhin sind es stumme Zeugen aus anderen Epochen – ist aber tatsächlich auch Aufwand notwendig. Sonst würde sich die Vegetation dieses stille Fleckchen Erde schnell zurück holen. Bei so alten Grabstätten kann nicht darauf gezählt werden, dass es Hinterbliebene gibt, die sich darum kümmern. Dafür sorgt heute der Verein Via Monumentum.

Daher finden sich viele völlig vermooste Steine und Monumente, die dem Bergfriedhof zusammen mit den alten Bäumen eine gewisse Erhabenheit verleihen. Und so bleiben wir als Besucher immer wieder stehen, um ältere Inschriften zu lesen und uns zu fragen, was für Personen hier wohl bestattet liegen.

Manchmal muss man sich das nicht fragen, denn manche Persönlichkeiten sind schon recht bekannt 😀 So haben etwa Friedrich Ebert (erster Reichspräsident in der Weimarer Republik, gestorben 1925), Robert Bunsen (Chemiker, „Bunsenbrenner“, gestorben 1899), Carl Bosch (Chemie-Nobelpreisträger, gestorben 1940) und Max Weber (wichtiger Soziologe, gestorben 1920) auf dem Bergfriedhof ihre letzte Ruhestätte gefunden.

Jüdische Gräber gehören auch dazu

Im südöstlichen Bereich des Geländes schließt sich heute nahtlos der jüdische Friedhof an. Während der Bergfriedhof mit der Zeit immer größer wurde, umschloss er nach und nach den früheren, separat angelegten jüdischen Friedhof. Den Übergang bemerkt man oft nur daran, dass die Grabsteine auf einmal hebräische Inschriften tragen (meistens zusätzlich zur Deutschen).

Wer den jüdischen Friedhof „Heiliger Sand“ in Worms mit seinen bis zu 900 Jahre alten Gräbern gesehen hat, der wird von den jüdischen Grabstellen auf dem Bergfriedhof nicht so beeindruckt sein – sie sind ja kaum 150 Jahre alt. Es ist aber interessant, dass auf dem Bergfriedhof heute Juden und Christen fast schon nebeneinander bestattet werden.

Jüdische Grabsteine
Hier einige jüdische Grabsteine (hinten rechts einer mit ausschließlich hebräischer Schrift)

Auf manchen der jüdischen Grabsteine steht auch drauf, dass die Person im Dritten Reich deportiert wurde und dann verschollen blieb. Und dennoch erhielt sie in Heidelberg einen Grabstein und befindet sich vielleicht auf dem gleichen Friedhof, in dem auch die damaligen Täter liegen können.

Zusammenfassung und Infos zum Besuch des Bergfriedhofs

Der Bergfriedhof bietet sich für Spaziergänger und wegen der schönen Blumen-, Bäume- und Skulpturen-Motive auch für (Hobby-)Fotografen an. Kinder haben hier allerdings weniger Freude.

Wer schon in Friedhofslaune ist, kann vom Bergfriedhof aus in rund 15 Minuten auch den Ehrenfriedhof erreichen, der oberhalb des Bergfriedhofs angelegt wurde. Dazu müssen auf Spazierwegen rund 150 Höhenmeter überwunden werden.

An dieser Stelle noch ein großes Dankeschön an Hansjoachim Räther, der mich in seinem Kommentar auf ein paar Fehler aufmerksam machte! 🙂

Öffnungszeiten



Es gibt keine richtigen Öffnungszeiten und der Eintritt ist frei. Auf Google Maps stehen zwar Öffnungszeiten, die Angaben beziehen sich aber auf die Sprechzeiten der Friedhofsverwaltung. Das Gelände ist auch außerhalb der Öffnungszeiten zugänglich (das haben wir an einem Sonntag Morgen um 6 Uhr früh selbst festgestellt :D), aber laut Friedhofsordnung darf man sich nachts nicht dort aufhalten.

Lage und Anfahrt



Der Bergfriedhof grenzt direkt an die S-Bahn-Station Weststadt. Der Haupteingang liegt an der Straßenbahnstation „Bergfriedhof“ an der Rohrbacher Straße, 300 Meter südlich der Weststadt-Station. Neben dem Haupteingang gibt es mehrere weitere Eingänge.



Parken ist wie fast überall in Heidelberg nicht ganz so einfach, aber wer am Wochenende zum Bergfriedhof fährt, kann die Parkplätze an der Rohrbacher Straße und auf dem Gelände des Helmholtz-Gymnasiums direkt gegenüber des Haupteingangs nutzen.

3 Comments

  1. Hansjoachim Räther

    Liebe Ravana,
    der Bericht über den Bergfriedhof ist sehr schön. Besonders schön ist auch das Design der Seite. Ich wollte, ich könnte solche Fotos machen.
    Was mir noch auffiel:

    “ so richtig in Betrieb ist er nicht mehr. Neubestattungen gibt es im christlichen Bereich des konfessionsübergreifenden Friedhofs nur in Sonderfällen, etwa, wenn bereits die Familie auf dem Friedhof bestattet ist.“
    Letztes Jahr war ich dort bei drei oder vier Begräbnissen von Leuten, die ich kannte. Keine Familiengräber. Auch Baumbestattungen gibt es. Es ist doch was los auf dem Friedhof.

    „auf manchen Grabsteinen klebt ein gelber Hinweiszettel, dass der Stein umfallen kann und in nächster Zeit von der Friedhofsverwaltung wieder stabilisiert werden wird.“
    Meines Wissen fordert der Zettel die Angehörigen auf, sich bei der Verwaltung zu melden. Stabilisiert wird wohl erst nach Zahlungseingang.

    „Friedrich Ebert (erster Reichspräsident in der Weimarer Republik, gestorben 1952)“ (Zahlendreher)

    „Es ist aber interessant, dass auf dem Bergfriedhof Juden und Christen auf einem gemeinsamen Gelände bestattet werden.“
    Als der jüdische Friedhof 1876 eröffnet wurde, lag er außerhalb des christlichen Friedhofs und war mit einer Mauer umgeben. Auch nach den Erweiterungen des christlichen Friedhofs bildete der jüdische immer ein eigenes Territorium, auch wenn er heute vom christlichen Friedhof umschlossen ist.

    Erwähnen sollte man vielleicht auch die Arbeit des Vereins Via Monumentum, der sich ehrenamtlich für den Fortbestand alter, schützenswerter Grabanlagen einsetzt. https://www.via-monumentum.de/index.php?article_id=2

    Herzliche Grüße
    Hansjoachim Räther

    1. Lieber Hansjoachim,
      ein ganz herzliches Dankeschön für deinen Kommentar! Sehr gern habe ich die Hinweise berücksichtigt (für den Zahlendreher schäme ich mich sehr!) und den Beitrag nochmal aktualisiert. Jetzt passt es besser und ich bin sehr froh, so wertvolle Anmerkungen bekommen zu haben 🙂
      Beste Grüße
      Debbie

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